agileTRIZ – für einfachere Probleme


Nachfolgend werden wir das Thema „agileTRIZ – für einfachere Probleme“ besprechen. Es stellen sich zunächst die Fragen: „Was sind einfachere Probleme?“ Wie erkennt man „einfachere Probleme?“

„Einfachere Probleme“ sind durch folgende Merkmale charakterisiert:

  1. Die Ausgangslage ist klar umrissen. Die Aufgabenstellung ist auf ein klar und eindeutig beschriebenes Problem begrenzt.
  2. Das Problem kann eingeordnet werden, ob es sich
    • um eine Design- / Konstruktionsproblemstellung,
    • um ein Kostenreduzierungsproblem oder
    • um ein Brainstorming-Thema handelt.
  3. Die Zielsetzung ist eindeutig definiert.

Das Vorgehen erfolgt in 4 Schritten:

  1. Ausgangslage: Klärung der Ausgangslage, der Problemstellung und der Zielsetzung.
  2. Systemanalyse: Definition der einzelnen Systemkomponenten und Analyse ihrer Funktionen und Eigenschaften
  3. Suchfeld und Problemstellung: Abgrenzung des Suchfeldes für zulässige Lösungen und finale Formulierung der Problemstellung
  4. Schnelle Lösungssuche: Nutzung der geeigneten Innovationsprinzipien (Design / Konstruktion, Kostenreduzierung, Brainstorming)

An einem konkreten Beispiel wird nun das Vorgehen besprochen:

Schritt 1: Ausgangslage – Klärung der Ausgangslage, der Problemstellung und der Zielsetzung.

Mikrowellenschalter für Kommunikationssatelliten: Kommunikationssatelliten werden mittels Trägerraketen in die jeweiligen Erdumlaufbahnen gebracht. Dabei treten beim Start der Rakete extrem hohe Beschleunigungen und Vibrationen auf. Die Mikrowellenschalter der Kommunikationssatelliten haben die Aufgabe die Kommunikation aufrecht zu erhalten. Hierfür ist ein möglichst verlust- und reibungsfreies Schalten erforderlich (siehe Funktion).

Rahmenbedingungen:

  • Extrem hoher Temperatureinsatzbereich (-180°C bis +150°C)
  • Starke Vibrationen beim Start der Rakete
  • Hohe Lebensdauer (15 Jahre)
  • Schaltfrequenz von 1-mal in 15 Jahren bis 1-mal am Tag

Probleme:

  • Zu hohe Verlustleistung durch Spalt zwischen Rotor und Stator
  • Zu hohe Ausfallrate durch Verklemmen des Mikrowellenschalters

Zielsetzung: Entwickeln eines Mikrowellenschalters mit niedriger Verlustleistung und niedriger Ausfallrate.

Prinzipskizze Mikrowellenschalter

Schritt 2: Systemanalyse: Definition der einzelnen Systemkomponenten und Analyse ihrer Funktionen und Eigenschaften.

SystemkomponentePositive (nützliche) Funktionen und EigenschaftenNegative (schädliche) Funktionen und Eigenschaften
Stator(+) Anbindung an das statische Hohlwellenleitersystem
(+) Stellt die Verbindung zum Elektrischen Antrieb her
(-) Verändert die Abmessungen bei Temperaturänderung
(-) Absorbiert Verlustleistung
(-) Gewicht
Rotor(+) Ermöglicht Wahl des Hohlwellenleiterverlaufs
(+) Reibungsfreie Drehbewegung durch Spalt zwischen Stator und Rotor
(-) Verändert Durchmesser bei Temperaturänderung (Klemmgefahr)
(-) Leistungsverlust im Spalt zwischen Stator und Rotor
(-) Absorbiert Verlustleistung
(-) Gewicht
Elektrischer Antrieb(+) Stellt Drehmoment für die Bewegung des Rotors zur Verfügung(-) Verbraucht Energie

Schritt 3: Suchfeld und Problemstellung: Abgrenzung des Suchfeldes für zulässige Lösungen und finale Formulierung der Problemstellung.

SystemSuchfeld für zulässige Lösungen
MikrowellenschalterNeuartige Schaltprinzipien mit identischer Anschlussgeometrie zum Supersystem wie der bestehende Mikrowellenschalter

Formulierung der Problemstellung: Konzipieren eines Mikrowellenschalters der

  • die Strahlungsverlustleistung reduziert und
  • die Ausfallrate auf die geforderte Schaltdauer vermindert.

Schritt 4: Schnelle Lösungssuche: Nutzung der geeigneten Innovationsprinzipien (Design / Konstruktion, Kostenreduzierung, Brainstorming).

Die besten Innovationsprinzipien für Konstruktion und Design:

1 Zerlegung (Segmentierung)
2 Abtrennung
3 Örtliche Qualität
4 Asymmetrie
5 Kopplung
6 Universalität
7 Integration
8 Gegengewicht

13 Funktionsumkehr (Inversion)
14 Kugelähnlichkeit (Sphäroidalität)
15 Dynamisierung
17 Übergang zu anderen Dimensionen
24 Prinzip des Vermittlers
30 Anwendung biegsamer Hüllen und
Folien

Lösungssuche:

24 Prinzip des Vermittlers

  • Es ist ein Objekt zu benutzen, das die Wirkung überträgt oder weitergibt.
  • Zeitweilig ist an das Objekt ein anderes, leicht zu entfernendes Objekt anzuschließen.

— Idee 01: Beschichtung als Vermittler: Der Rotor und/oder der Stator wird mit einer Beschichtung versehen, die

  • keine Strahlung absorbiert und
  • extrem reibungsarm und verschleißfrei ist.

— Idee 02: Rollkörper als Vermittler: Zwischen Rotor und Stator werden Rollkörper eingebracht. Die Rollkörper wirken als Abstandshalter und verhindern so ein Klemmen. (Der Spalt zwischen Rotor und Stator kann minimiert werden)

17 Übergang zu anderen Dimensionen

  • Schwierigkeiten, die aus nur linearer Bewegung oder Wirkung eines Objekts resultieren, werden beseitigt, wenn das Objekt die Möglichkeit enthält, sich in einer Ebene bzw. zweidimensional zu bewegen bzw. wirken.

— Idee 03: Konus Stator / Rotor: Konische Ausführung des Rotors und der Statorbohrung. Vor dem Drehen des Rotors wird dieser axial verstellt ➔ Spalt öffnet


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Im nächsten Beitrag wird das Vorgehen agileTRIZ für komplexere Probleme vorgestellt.

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Dr. Bruno Scherb

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